10.02.2020 – 10. Prozesstag – Upsii… Fotos gelöscht

Der Verhandlungstag beginnt mit über einer halben Stunde Verspätung, da die Richterin inklusive Nebensitzenden erst verspätet erscheint.
Die Richterin setzt die Befragung des Bullen-Zeugen P. vom letzten Mal fort. Dieser war als „Zivilfahnder“ der Bulleneinheit „PK 21“ bei der Festnahme der Gefährt_innen dabei.

P. sagt aus, dass die beiden sich seit Sommer 2019 in U-Haft befindenden Gefährten als „Gewalttäter links“ bzw. „politisch motivierter Straftäter“ in der Datenbank POLAS eingetragen seien. Er gibt dabei auch an, dass er nicht wisse, wie diese Einträge entstanden seien. Die Durchsuchung der Gefährt_innen bei der Festnahme sei in der Reihenfolge durchgeführt wurden, wie diese auf der Bank gesessen haben, allerdings nicht auf der Bank. Bei einem unserer Freunde, so gibt der Bullen-Zeuge an, sei eine Umhängetasche, ein Rucksack, der auf dem Boden zwischen dessen Beinen gestanden habe, und seine Kleidung durchsucht worden. An den Inhalt der Umhängetasche konnte sich der Bullen-Zeuge laut Aussage jedoch nicht erinnern, wohingegen er aber angab, man habe ein funktionsfähiges Feuerzeug in dessen Hosentasche gefunden. Durch „simples Ausprobieren“ sei das überprüft worden. Es sei Kleidung (Jacke, T-Shirt) gefunden worden, die der Bullen-Zeuge für „passend“ hielt, außerdem Fahrradreparatur-Zeug, Haushalts- und Gummihandschuhe.
Die Durchsuchung unseres anderen Freundes sei genauso abgelaufen; eine Umhängetasche, eine Tasche, die zwischen seinen Beinen auf dem Boden gestanden habe und seine Kleidung seien durchsucht worden. Die Tasche sei verschlossen gewesen und P. habe sie erst geöffnet. Bullen-Zeuge P. kann sich wieder nicht an die Kleidungsgröße erinnern, aber daran, dass sie passend gewesen sein müsste, an Haushaltshandschuhe und ein – funktionsfähiges – Feuerzeug. In der Tasche hätte sich ein transparenter Beutel mit Mülltüten befunden, einzeln zugeknotet, in denen sich je eine PET-Flasche mit gelblicher Flüssigkeit befüllt, befunden hätte. Diese Flüssigkeit, so der Bulle, habe für ihn nach Benzin gerochen, oder „benzinähnlich“. Es hätten sich in dieser Tasche auch Grillanzünder, Streichhölzer und Lunten befunden. Wobei sich dann herausstellt, dass die Sache mit den Lunten eine vollkommene Mutmaßung ist, da er eigentlich gar nicht wisse, was das gewesen sei.
Die dritte Gefährt_in habe eine Kollegin durchsucht, Bullen-Zeuge P. könne sich nicht mehr daran erinnern, ob er dabei gewesen sei oder nicht. P. konnte sich aber daran erinnern, alle auf dem Boden ausgebreiteten bei der Durchsuchung gefundenen Gegenstände fotografiert zu haben. Soweit er sich erinnern könne, habe man bei der dritten Durchsuchung kein Feuerzeug gefunden. Nach der Durchsuchung habe man den „Tatvorwurf eröffnet“ und unsere drei Gefährt_innen „über ihre Rechte und Pflichten als Beschuldigte belehrt“, bevor sie vorläufig festgenommen worden seien. An einen bei der Durchsuchung gefundenen Zettel konnte sich P. nicht erinnern.
Nach dieser Befragung werden die Fotos in Augenschein genommen, auf denen die bei der Durchsuchung im Park angeblich aufgefundenen Gegenstände, ausgebreitet zu sehen sind. Die Verteidigung hakt an dieser Stelle ein, um nach den Originallichtbildern zu fragen. Wieder einmal ein Moment, in dem die Originale dem Gericht „zufälligerweise“ nicht zur Verfügung stehen…: der Zeuge gibt an, dass er im Januar sein Diensthandy, auf dem sich die Originalbilder befunden hätten, habe zurückgeben müssen und die Bilder vorher gelöscht habe. Die Verteidigung wendet nun ein, dass eine Authentifizierung der sich in der Akte befindlichen Bilder unmöglich ist und dem hat der Bullen-Zeuge P. auch nichts anderes entgegenzusetzen. Auf Nachfrage gibt er an, dass er sich nicht daran erinnere, ob die Fotos in der Akte den Fotos entsprechen, die er in dieser Nacht gemacht habe.
Die Verteidigung reagiert auf diese neuerlich miserablen Umgang mit Originalmaterial, das zur Akte gehört, mit einem Verwertungswiderspruch des Materials. Eine ausführliche Begründung dazu kündigte sie für den kommenden Verhandlungstag an.
Die Verteidigung fragte außerdem nach, wo sich die angeblich in der Nacht der Festnahme gefundenen und fotografierten Gegenstände befänden. Der Zeuge P. gibt an, dies nicht zu wissen. Er erinnere sich, dass die Sachen in einem Schreibraum der Bullenwache 23 zwischengelagert worden seien. P. sagt auch aus, er sei für die Durchsuchung und Festnahme unserer Gefährt_innen als „zivile Komponente“ dem LKA 7 zugeteilt worden. Auf Nachfrage von Seiten der Verteidigung, wo sich P. denn unmittelbar vor dem Einsatz befunden habe, möchte er zunächst nicht antworten, da es sich um eine „Polizeitaktik“ halte, die er nicht preisgeben wolle. Da die Verteidigung aber auf seine Angaben insistiert, gibt P. schließlich an, sich zusammen mit dem Bullen Saleti am Altonaer Balkon aufgehalten zu haben. Was nun seine Rolle sei oder worum es in dem Einsatz ginge und was er selbst tun solle, habe P. erst vor Ort von einem Bullen des LKA 7 erfahren.
An dieser Stelle der Befragung schließt die Verhandlung für heute um 16 Uhr. P. Ist nun in Urlaub und wird erst am 17.2. weiter vernommen werden.

Nächster Prozesstermin am 12.02.2020.