Heute wird wieder in dem kleineren Saal verhandelt und der Zuschauer*innenraum ist voll. Die vorsitzende Richterin eröffnet den Prozesstag mit der Mitteilung, sie habe inzwischen mit dem PK 21 kommuniziert und eine neue Aussagegenehmigung für den Bullen P. mitgebracht. Vermutlich in dem Glauben, nun die Fragen aus dem Weg geräumt zu haben, was die Aussagegenehmigung von P. genau umfasst und wer eigentlich für die Erteilung derselben zuständig ist, möchte sie sogleich mit der Zeugenbefragung fortfahren. Dem kommen aber Nachfragen der Verteidigung dazwischen, die sehr schnell aufzeigen, dass in dem Telefonat der v.R. mit dem PK 21 nichts geklärt wurde.
In der Frage nach der Zuständigkeit für die Erteilung der Aussagegenehmigung für P. folgt die v.R. einer Verfügung aus dem Jahr 1997, der sie entnimmt, dass der Dienstellenleiter des PK 21 dazu berechtigt ist. Im Text heißt es, dass die Erteilung der AG delegiert werden könne. Allerdings, so gibt die Verteidigung zu bedenken, wäre dabei zu fragen, wer diese Berechtigung weitergebe und ob die delegierende Person nicht zumindest Kenntnis davon haben sollte, was sie aus der Hand gibt. In politisch bedeutsamen Fällen, so gibt die genannte Verfügung zu verstehen, wären dies die Innensenator*in oder Staatsrät*in. Kann sich ein Beamter des PK 21 auf die Möglichkeit der delegierten Berechtigung berufen, ohne die höheren Stellen überhaupt in Kenntnis gesetzt zu haben? Abgesehen davon waren bei der Personenkontrolle und -durchsuchung, zu der P. als Zeuge aussagen soll, ja offenbar verschiedene Dienstellen involviert – darf die Leitung des PK 21 eine AG erteilen, ohne sich mit dem LKA 7 abzustimmen? Vor dem Hintergrund dieser ungeklärten Fragen gibt es in den Augen der Verteidigung keine gültige AG und sie muss daher davon ausgehen, dass P. sich mit allem, was er aussagt, strafbar macht.
Die Betriebstemperatur im Gerichtssaal steigt und GenStA Schakau beklagt, die Verteidigung unterstelle der Polizei Verschwörungen und Verdeckungen. Die v.R. fordert lautstark, es solle nun weiter gemacht werden, es läge ein AG vor. Die Verteidigung bescheinigt dem Beamten B., der die neue AG ausgestellt hat, ein falsches Rechtsverständnis. Die Argumente dafür hält GenStA Schakau, der es mit der Genauigkeit bekanntlich nicht so hat, für „Wortklauberei“.
Als P. – heute mal nicht in Uniform – seinen Platz eingenommen hat, stellt sich heraus, dass die neue AG peinlicherweise nicht korrekt auf seinen, sondern auf einen ähnlich lautenden Namen ausgestellt ist. Blöderweise hat er selbst die AG auch persönlich nicht erhalten, woraufhin die v.R. beschließt, sie ihm vorzulesen – ein formal falsches Vorgehen, befindet die Verteidigung. Gänzlich im Dreck steckt der Karren dann aber, als die Verteidigung Nachfragen zu dem Beamten B. anstellt, der die neue AG ausgestellt hat. Dieser sei seiner Kenntnis nach für „Präsenz und Verkehr“ zuständig und er könne „mit Sicherheit sagen, dass er nicht Dienststellenleiter oder stellvertretender Dienstellenleiter ist“. Die v.R. muss sich also die Frage stellen, mit wem sie da eigentlich telefoniert hat und welchen Wert das mitgebrachte Papier für das Verfahren noch haben kann. Irritiert entscheidet sie sich zu einem weiteren Telefonat mit dem PK 21. Das dauert eine ganze Weile. Schlussendlich gibt es danach eine dritte Aussagegenehmigung, diesmal wirklich von einem der hohen Bullen des PK 21 unterzeichnet.
Für die Befragung von P. bleiben ungefähr die letzten 30 Minuten des Prozesstages. Dabei kommt gewohnt wenig rum. Die Kleinteilig gestellten Fragen vergrößern hauptsächlich das weite Feld der Erinnerungslosigkeit des Zeugen.
Damit weiter geht es am Donnerstag, 27.2. um 10:00 Uhr.
Am 28.2. beginnt die Verhandlung um 9:15 Uhr.