22.09.2020 – 08.10.2020 – von neuen Brandgutachten, Solipostkarten, Streugutkisten und der immer währenden Fluchtgefahr

22.09.20 – U-Haft bleibt bestehen

Die Mühlen mahlen langsam…oder so. Jedenfalls gibt es wenig Neues. Die Kammer hat wieder jede Menge Anträge der Verteidigung abgelehnt. Unter anderem eine Beschwerde, die die Verteidigung eingelegt hatte, weil Knastangestellte Anwält*innenpost geöffnet hatten.

Außerdem gab sich die Kammer auch heute wieder gewohnt zugeknöpft, was Festlegungen betrifft, die von der Anklage der Generalstaatsanwaltschaft abweichen. In den letzten Verhandlungstagen klang immer wieder an, dass das Gericht die schwere Brandstiftung (§ 306a StGB) nach der jetzigen Beweislage ausschließt. Das ganze schriftlich festzurren wollte das Gericht die Sache aber auch heute wieder nicht.

Nur bei einer Sache waren sie sich dann doch ganz sicher. Die U-Haft soll weiter bestehen bleiben. Aufgrund der erwarteten Strafhöhe und wegen dieser „Fluchtgefahr“.

29.09.2020 – Nachermittlungen

Heute präsentierte die Generalstaatsanwaltschaft Nachermittlungen und damit neue Aktenteile. Eigentlich war heute die Frist für letzte Beweisanträge etc., die jetzt hinfällig ist, da die Verteidigung sich alles Neue ansehen muss. Die neuen Aktenteile enthalten ein neues Brandgutachten und eine Solipostkarte, die einer der Drei an eine Person in Untersuchungshaft in Italien geschickt hat (oder schicken wollte…gelandet ist sie offensichtlich woanders). Wie es nun weitergeht, erfahren wir erst am nächsten Prozesstag.

01.10.2020 – Das neue Brandgutachten

Es war ein langer Prozesstag an dem es viel Streit zwischen Verteidigung und Kammer gab. Wie so oft wurden viele Anträge von Seiten der Verteidigung gestellt, die alle abgelehnt wurden. Der erwähnenswerteste darunter war, dass die Anwält*innen von der Kammer forderten, dass sie sich mit Blick auf die durch die Nachermittlungen geänderte Lage erneut zur Frage der Untersuchungshaft äußert.

Die neuen Ermittlungsergebnisse betreffen eine Postkarte, die einer der Angeklagten an Natascia Savio, eine Gefangene in Italien, geschickt hat und in der er seine Solidarität mit ihr zum Ausdruck bringt. Natascia wurde im Mai 2019 mit zwei anderen festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Ihnen wird vorgeworfen, 2017 drei Briefbomben an zwei Staatsanwälte und den Direktor der Behörde für Strafvollzug in Rom geschickt zu haben (mehr Infos gibt es z.B. hier: https://www.abc-wien.net/?s=Natascia+Savio).

Aus Schakau‘s Perspektive zeigt die Postkarte eindeutig die Gesinnung der drei… Womit sich wieder einmal die Frage anschließt, worum es hier eigentlich geht. Oder war das etwa schon die Antwort darauf?

Das neue Brandgutachten wurde vom BKA erstellt und hat ergeben, dass die Brandsätze nicht dazu geeignet sind, Wohnhäuser in Brand zu setzen. Wow, das klang bis vor kurzem noch ganz anders. Ändert aber auch nichts an der Ansicht der Kammer zur Haftfrage.

06.10.2020 – Beweisanträge der Generalstaatsanwaltschaft

Nach dem bisherigen Prozessverlauf und den neuen Ergebnissen sah sich Schakau heute zur Rettung seiner Anklage bzw. seiner Erzählung (zur Erinnerung: u.a. die schwere Brandstiftung kippelt) genötigt, eigene Beweisanträge zu stellen.

Dabei ging es u.a. um Folgendes:

Vor einigen Jahren seien nach einem Angriff auf das Amtsgericht Altona in der Nähe Handschuhe gefunden worden, auf denen sich die DNA von einem der Drei befunden habe.

Außerdem parkten in der Nacht, in der die Drei festgenommen wurden, keine Fahrzeuge der Sicherheitsfirma vor dem Gebäude, deshalb müsse das Gebäude das Ziel gewesen sein.

Die Solipostkarte an Natashia Sabia zeige, dass alle drei menschengefährdende Anschläge unterstützen würden.

Und zu allem Übel wurde bei einer der Hausdurchsuchungen ein Brief gefunden, in dem Kritik an Abschiebehaft geübt wird! Schakau zufolge ganz klar linksextremistisches Gedankengut…

08.10.2020 – Streugutkiste

Heute gab es nach langem hin und her die schriftliche Bestätigung der Kammer, dass sie nach der gegenwärtigen Beweislage nicht davon ausgehen, dass Gebäude angezündet werden sollten, also auch keine Menschenleben hätten gefährdet werden können. Damit wurde der schwerste Anklagepunkt, die schwere Brandstiftung (§ 306a StGB), ausgeschlossen. Die Kammer geht jedoch weiter davon aus, dass umliegende Objekte oder Sachen als potentielle Ziele nicht ausgeschlossen werden können. Auch eine Streugutkiste käme in Frage, das könne aber nicht nachgewiesen werden.

Damit nähert der Prozess sich dem Ende. Am 20.10.2020 gibt es das Plädoyer der Generalstaatsanwaltschaft, am 22.10.2020 und 03.11.2020 die der Verteidigung und am 05.11.2020 das Urteil.

Endspurt also! Kommt wie immer zahlreich. 18 Plätze gibt es im Zuschauer*innenraum, Kaffee und Kekse bei der Kundgebung vor der Tür.