Der Prozesstag beginnt um 09:00 Uhr. Die Besucher*innenbeschränkung wurde von sechs auf 18 Personen erweitert, trotzdem kommen nicht alle rein und müssen sich zum Teil abwechseln. Geladen ist heute wieder Frau Roos vom LKA, zur Zeit der Festnahme noch Praktikantin, inzwischen als Ermittlerin beim LKA 7 (Staatsschutz) tätig. Auch der Sidekick von StA Schakau, StA Bornemann, ist heute das erste Mal seit den Coronaeinschränkungen wieder dabei.
Thema der heutigen Befragung sind die Orte, die Frau Roos zusammen mit einem Brandgutachter besucht hat, da sie als vermeintliche Ziele der Nacht ausgemacht wurden. Dazu gehören das Haus der Senatorin Stapelfeld, die Vonovia Zentrale in Wandsbek, das Tibarg Center mit seinen angeblichen Parkplätzen von Grossman und Berger und ein Wohnhaus in dem ein Vonovia-Mitarbeiter wohnen, bzw. davor ab und zu ein Firmenwagen parken soll. Es geht in inzwischen bekannter Art weiter, manchmal ist im Gedächtnis Frau Roos alles bis auf das kleinste Detail vorhanden, manchmal nur ein großer Schwamm. So auch bei der Frage, wann diese Ortsbegehung denn eigentlich stattgefunden haben soll. Wird wohl so Ende August…September gewesen sein. Nach der Mittagspause der plötzliche Geistesblitz: um den 8. Oktober. „Jetzt habe ich es wieder ganz deutlich“. Aha.
Die Beschreibung der Orte funktioniert einwandfrei, vor allem die Dinge die brennen könnten, sind ihr im Gedächtnis geblieben. Wie beispielsweise die Holzfensterrahmen der Vonoviazentrale. Ob sie eine Materialprobe genommen hätte, fragt einer der Anwälte. Hat sie nicht, aber das sehe man doch. Woran, will ein anderer Anwalt wissen. Na ganz klar, an der Holzmaserung. Der Hersteller der Kunststofffenster (so zitiert eine Anwältin anschließend aus der Akte) würde sich über sein so gelungenes Holzimitat freuen. So geht es weiter bis zur Pause.
Danach sollen Fotos, die an den Orten gemacht wurden, gezeigt werden, sowie Protokolle der Gegenstände, die bei den Dreien gefunden worden sein sollen. Es wird darum gestritten, ob es sich um eine „Inaugenscheinnahme“ oder einen „Vorhalt“ handeln soll. Bei einer in Inaugenscheinnahme, würden die Fotos als Beweismittel anerkannt werden, bei einem Vorhalt lediglich das dazu Gesagte der*des Zeug*in, jedoch nicht Inhalt der Fotos bzw. vorgehaltenen Protokolle. Von Seiten der Anwält*innenschaft wird ein Antrag gegen eine Inaugenscheinnahme gestellt, sowie auf Verbot der Beweiserhebung bzw. -verwertung.
Nach der Mittagspause wird der Antrag beschieden, negativ. Aber es handele sich ja eh um einen Vorhalt der Fotos. Der Saal wird verdunkelt, die Fotos an die Wand geworfen. Es folgt das erste Foto, die vorsitzende Richterin fragt, was der Zeugin dazu einfällt. Es folgt eine Bildbeschreibung wie man sie aus der Schule kennt, ergänzt von kurzen Bezügen zu dem vor der Pause Gesagten, wie z.B. „Das sind die Glasbausteine von denen ich sprach“. Selbst einem*einer Leih*in fällt auf, dass hier die Unterscheidung von Inaugenscheinnahme und Vorhalt irgendwie nicht so ganz passt, wenn zwar der Inhalt der Fotos zunächst nicht verwendet werden darf, dafür jedoch die detaillierte Bildbeschreibung der Zeugin. Auch darum wird sich natürlich gestritten. Die Richterin besteht darauf, dass es ihr nur um die Wahrnehmung von Frau Roos ginge und da sie ja die Fotos in Bezug zu dem zuvor Gesagten stelle, sei die ja auch gegeben. Die Anwält*innen bestehen darauf, dass konkrete Fragen gestellt werden, ja das könne sie machen, sagt die Vorsitzende. Es folgt das nächste Bild und die Frage „Was fällt Ihnen zu diesem Bild ein?“. Ob das wohl mit konkret gemeint war? Nach der ganzen Diashow wird dann noch einmal ein Verwertungswiderspruch bezüglich der Aussage und der Fotos bzw. Protokolle erhoben.
Es geht dem Ende zu, ein weiterer Antrag auf die Aufhebung der willkürlichen Beschränkung der Besucher*innenzahl wird gestellt. Plötzlich fällt der Zeugin noch ein, dass sie ja noch etwas vorbereitet hat. Und zwar die Auflösung der Frage, was sie und die Hundeführerin da im Park gefunden haben und was das mit dem Verfahren zu tun habe (angeblich – so die Aussage beim letzten Mal – wurde deswegen ein neues Verfahren eingeleitet). Dieses graue Teil „aus dem Drähte gucken“ ist ein „USGV“, hä?? – eine „unspezifische Sprengstoffvorrichtung“, bitte was??? „Ein abgebrannter Böller“ Ahh!! Und was hat das mit dem Verfahren zu tun? „Doch nichts“ muss sie leider berichten, aber es liegt für alle Fälle in der Asservatenkammer. Na dann ist ja gut!
Nächster Prozesstag am 4.6.20, 09:00 – 09:30 Uhr (ein kurzer Sprungtermin, lasst uns trotzdem zahlreich kommen und unseren Freund*innen zeigen, dass sie nicht alleine sind!)