08.04.2020 – 23. Prozesstag – Hitlerimitationen(?!)

Die Einlasskontrollen werden seit den Corona-Einschränkungen schneller abgewickelt. Die 6 Zuschauer*innen, die noch zur gleichen Zeit rein dürfen, müssen sich den ohnehin viel zu engen Vorraum mit der Schleuse nicht mehr mit einem*einer Beamt*in teilen. Die stehen zur Beobachtung jetzt alle hinter einer Scheibe. Dafür werden die Ausweise fein säuberlich kopiert und die Daten gespeichert. Nur für den Corona-Fall… Neuerdings dürfen die Zuschauer*innen nicht mehr im Saal Platz nehmen und warten, bis sich das Gericht auf seine erhöhten Stühle niederlässt, sondern im Flur vor der Tür. Weshalb? Wie so vieles. Unklar. Neue Anordnung, keine Begründung.

Der Prozess fängt an, die Vorsitzende erklärt, dass ein weiterer Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter*innen eingegangen ist, aber der Prozess soll weitergehen. Die Verteidiger*innen der beiden anderen Angeklagten kennen den Antrag nicht, das ist der Vorsitzenden Paust-Schlote natürlich egal. Sie weigert sich, auf einen schon gestellten Unterbrechungsantrag zu antworten \“da sie abgelehnt sei\“. Das es widersinnig ist, einerseits Zeugenbefragungen weiterführen zu wollen und sich andererseits davor zu drücken, auf den Antrag zu reagieren, und beides mit den Ablehnungsanträgen wegen Befangenheit zu begründen interessiert sie nicht. Diese Ambivalenz wird noch klarer: Die Vorsitzende beschränkt sehr gerne die Öffentlichkeit, und lässt alle Ausweise kopieren – zum Schutz gegen die Verbreitung des Virus. Doch die Sitzordnung so zu ändern, dass eine angemessene Verteidigung möglich ist und gleichzeitig ein Infektionsrisiko der Anwesenden minimiert wird, das ist ihr dann doch zu anstrengend. Weiterhin muss die nicht inhaftierte Angeklagte weiterhin während der hauptverhandlungsfreien Wochen ein Mal die Woche bei den Bullen antanzen, um sich zu melden. Das die Vorsitzende sich nicht allzu intensiv mit den Verbreitungswegen des Virus auseinandergesetzt hat, kann man auch beobachten, wenn sie sich wieder mal ausgiebig in ihre Hand hustet, um kurz danach Papiere zu verteilen.

Sonst ist alles beim Alten, bei Wortgefechten werden Worte der Zurechtweisung ausschließlich an die Rechtsanwält*innen gerichtet, selbst wenn Schakau die Richterin unterbricht und ihr ins Wort fällt, wehrt sie sich nicht. Die Zusage, dass die Verteidiger*innen wegen der neuen Sitzordnung immer eine Unterbrechung für eine kurze Besprechung haben können, wird revidiert. Die Verteidigung versucht die Vorsitzende bzw. die Kammer dazu zu bringen, Stellung zu den von ihnen angeführten Begründungen zu nehmen, das machen sie aber nicht und begründen die Anordnungen und Beschlüsse ohne auf die Begründungen der Verteidigung einzugehen. Es wird der \“Inhalt\“ des Selbstleseverfahrens vorgelesen, also nur die Titel und Fundstellen. Als Zuschauer*in hat man also keine Chance nachzuvollziehen, worum es hier geht.

Außerdem gibt es die Ankündigung, dass der Durchsuchungsbericht der 6. Hausdurchsuchung des Verfahrens vorgelesen werden soll.

Dann gibt es ein skurriles Intermezzo: Der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft Schakau wirft einem der Verteidiger vor, während einer Unterbrechung beim letzten Verhandlungstag eine Hitlerimitation (\“mit einer bellenden Stimme\“) von ihm gemacht zu haben. Als der Verteidiger diesen Vorwurf aufgreift und beantragt, ihn protokollieren zu lassen, rudert Schakau wieder zurück; er könne sich doch nicht daran erinnern, wann es gewesen sei und wie genau! Er bleibt aber dabei, dass es passiert sei. Die Rechtsanwält*innen können sich (wie alle anderen übrigens auch) nicht an den Vorfall erinnern.

Es gibt eine Pause, damit alle den Durchsuchungsbericht lesen können und es sollen Entscheidungen getroffen werden, welche Teile daraus vorgelesen werden können und zu welchen Teilen man die Zeug*innen hören muss. Überraschenderweise geht die Vorsitzende hier ausnahmsweise mal auf 2 Vorschläge der Rechtsanwält*innen ein. Doch als es darum geht, die Meinungen und Schlussfolgerungen der Bull*innen rauszustreichen, da es keine Fakten sind, das möchte sie dann doch lieber nicht. Die gehörten ja irgendwie zum Bericht dazu. Das wird – Überraschung – beanstandet von Seiten der Verteidigung.

Damit war der Tag für heute dann auch vorbei.

Nächster Prozesstermin: 09.04.2020 (Der letzte vor der nächsten 3-Wochen-Pause)