02.04.2020 – 20. Prozesstag – Verdammt nochmal abgelehnt!

Obwohl die Vorsitzende am 31.3. erneut darauf hingewiesen wurde, die Termine doch bitte nicht ohne Ankündigung so kurzfristig zu ändern, ließ sie es sich nicht nehmen, den Termin, der am Vortag auf 10:00 Uhr verlegt worden war, spontan doch erst um 12:00 beginnen zu lassen. Während andere die zusätzlichen Stunden Wartezeit – wenn auch etwas genervt – in der Sonne mit Kaffee totschlagen können, bedeutet die kurzfristige Verschiebung für die zwei inhaftierten Freunde, dass sie die Zeit entweder in der Zelle im Keller unter dem Gericht verbringen müssen oder, dass sie ohne Ankündigung z.B. einfach vom Mittagessen kochen weggeholt werden.

Als die beiden Inhaftierten dann endlich den Saal betreten, singen die 6 Zuschauer*innen den drei Angeklagten lauthals ein Ständchen, was dann erst einmal allen ohne Eisblock in der Brust ein Lächeln auf die Lippen zaubert.

Die Vorsitzende eröffnet die Hauptverhandlung. Sie hätte morgens noch Anträge bearbeiten müssen, deswegen die spontane Verschiebung. Weshalb sie nicht abends bei der Verteidigung hat Bescheid sagen können, bleibt offen.

Die Vorsitzende beginnt damit, den Beschluss bzgl. des Selbstleseverfahrens und die Beanstandungen dazu vorzulesen, wird dabei aber direkt von der Verteidigung unterbrochen, die sich die Frage stellt, weshalb die Hauptverhandlung verschoben wird, um dann einen Beschluss zu einem nicht aktuellen Thema zu verlesen. Es wird ein Unterbrechungsantrag gestellt und gefordert, dass zuerst die Beschlüsse zum Unterbrechungsantrag vom 31.3. verkündet werden.

Man merkt schon in den ersten Minuten, dass die Vorsitzende schlechte Laune hat, sie ist schnippisch und möchte einfach ihren Plan durchziehen. Die Verteidigung weist die Vorsitzende auf eine kürzlich ergangene Rechtsprechung aus Dresden hin. Dort gibt es Ausgangssperren, sodass die Prozessöffentlichkeit (also die Zuschauer*innen…) ja nicht mehr zu Hauptverhandlungen kommen können, da dazu kein triftiger Grund vorliegt. Das Gericht in Dresden urteilte dazu, dass die Öffentlichkeit erst dann nicht mehr gewahrt sei, wenn es selbst seine Türen für diese verschließt. Also so wie es hier der Fall ist. Die Richterin lehnt die Unterbrechung ab, die Verteidigung weist auf Rechtsverlust, wegen der nicht gewahrten Öffentlichkeit und der Unmöglichkeit der Kommunikation zwischen Anwält*innen und Mandant/innen hin. Schakau sieht sich daraufhin auch bemüßigt, etwas rumzuposaunen, benutzt sein Mikro dabei nicht, aber man hat ja eh keine Lust mehr dem selbsternannten Saalpolizisten bei seiner Arschkriecherei zuzusehen und zu hören. Die Vorsitzende lässt es sich nicht nehmen, am laufenden Band die Verteidigung darauf hinzuweisen, sie habe ihnen nicht das Wort erteilt (am 31.3. meinte sie dazu noch, sie würde mit einem \“Kopfnicken\“ das Wort erteilen, die Missverständnisse sind also vorprogrammiert), nur um dann mit zuckersüßer Stimme den Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft nach seiner (zweifelhaften) Meinung zu fragen.

Kein Wunder also, dass die Stimmung dann auch bei Zeiten hoch kocht und die Vorsitzende die Hauptverhandlung für 5 Minuten unterbricht. Daraufhin fühlen sich die Schließer (zum ersten Mal!) dazu berufen, alle Zuschauer*innen aufzufordern aus dem Saal zu gehen. Auf die Frage nach dem „Warum“ kommt untermalt von demonstrativem Handschuh-Angeziehe ein absolut logisches „Na, weil sie es sagen!“ . Warum fragt man eigentlich. Dann doch leicht verunsichert fragen die Schließer dann doch noch einmal nach; die Vorsitzende hat das wohl nun so verfügt.

Nachdem die Zuschauer*innen nicht alle sofort aus dem Saal huschen, wird direkt mit der Räumung gedroht und die beiden Saalwächter plustern sich auf. Da niemand Lust hat sich Räumen zu lassen, gehen die Zuschauer*innen auf den Flur (auf dem es sonst verboten ist, sich aufzuhalten, !ha ha ha!). Da gehen die beiden Schwellbrüste an der Gruppe vorbei, wobei ihnen wieder einfällt :\“Uwe, ey alles kein Problem, wir haben ja die Ausweiskopien… hehe\“. Diesem äußerst klugen Gedankenblitz stimmen ob der Offensichtlichkeit auch die Zuschauer*innen zu. Da fühlen die zwei sich aber mächtig angegangen, sie stampfen auf einen der Zuschauer zu, Gang breitbeinig, die Arme stehen unnatürlich vom Körper ab: \“Wir haben hier das Sagen, und wenn du nochmal was sagst, dann können wir das ja draußen vor der Tür klären.\“ Ja da waren die beiden wohl in ihrem Element, Befehle blöken, Macht demonstrieren und Gewalt androhen.

Die Hauptverhandlung geht weiter, die Richterin will einen Beschluss verlesen, die Verteidigung stellt einen Antrag auf 30 Minuten Unterbrechung um einen unaufschiebbaren Antrag mit dem Mandant zu besprechen. Die Richterin lehnt ab, was die Verteidigung beanstandet und einen Gerichtsbeschluss darüber beantragt. Weitere 5 Minuten Unterbrechung. Wieder raus auf den Flur. Dann geht‘s weiter. Die Vorsitzende bestätigt sich mal wieder selbst, also ihren Beschluss. Die Verteidigung beginnt einen Antrag vorzulesen, die Vorsitzende schreit Nein Nein Nein, ich hab ihnen das Wort nicht erteilt, Schakau eilt ihr zur Seite, die Richterin unterbricht die Verhandlung wieder. Als zwei Verteidiger/innen raus gehen, fällt ihr ein, dass sie die Verhandlung doch nicht unterbrechen will und nimmt sie wieder auf.

Ach, ein heilloses Durcheinander ist das. Eine weitere Unterbrechung für 5 Minuten, die Zuschauer*innen gehen auf den Flur. Weiter geht‘s: Die Vositzende bestätigt ihren Beschluss zum Selbstleseverfahren, die Beanstandung vom 12.2. dagegen wird zurückgewiesen, der Widerspruch auch und das Beweiserhebungsverbot diesbezüglich, ihr könnt es euch schon denken: Abgelehnt! Die Gründe konnte ich leider nicht verstehen, das Mikro hatte eine schlechte Qualität, außerdem war es ein Rausch an Jurakram. Verteidigung möchte 35 Minuten unterbrechen. Außerdem kommt auf, dass die beiden Inhaftierten noch kein Essen bekommen hatten, klar, wenn man keiner der Unterbrechungen statt gibt…

Die Richterin lässt sich zu 20 Minuten Pause durchringen, damit die beiden ihre \“Snacks\“ zu sich nehmen können. Die Kammer dehnt ihre eigene Pause dann mal eben um 25 weitere Minuten aus, die alle anderen schon wieder im Sitzungssaal auf sie warten müssen. Die Vorsitzende liest ihre Beschlüsse vor, die Beanstandung der Weiterführung der Hauptverhandlung wird zurückgewiesen, ein weiterer Antrag oder eine weitere Beanstandung wird ebenfalls zurückgewiesen und der Antrag auf Unterbrechung und das Abhalten von Kurzterminen während der Coronaeinschränkungen wird abgelehnt. Abgelehnt! Abgelehnt!

Zu den Gründen (nur ein Teil): Ausweiskontrolle der Zuschauer*innen weiterhin wichtig, weil die Trennscheibe nicht ganz abschließt und es deswegen zu Infektionen kommen könnte (wo die Richterin ihr medizinisches Wissen her hat, und seit wann Viren fliegen können bleibt hier offen).

Zu der Kommunikation zwischen Mandant/innen und Anwält*innen: die RA*innen sollen sich halt einfach näher setzen (hier ist es ihr dann anscheinend nicht mehr so wichtig, deutlich reale Übertragungswege auszuschließen), außerdem moniert sie, dass die RA*innen keine konkreten Vorschläge gemacht hätten bzgl. der Sitzordnung, sie sollen halt einfach Zettelchen schreiben wie in der Schule. Sie weist die Beanstandung der Sitzordnung zurück, und weist den Antrag auf Unterbrechung ab (ab hier war der Beantragerei und Ablehnerei kaum noch zu folgen…) Die Verteidiger*innen beantragen Unterbrechung der Hauptverhandlung und wollen frühestens um 12 Uhr beginnen am 3.4.. Die Richterin setzt den Termin auf 12:30 Uhr. Als dann noch nach den Plänen für den morgigen Tag gefragt wird, gibt es nur ein schnippisches \“Das muss ich nicht alles immer ankündigen so genau \“ zurück…. Die Unzuverlässigkeit der Kammer wird beklagt, gab es doch die Zusicherung, dass wegen der neuen Sitzordnung immer Unterbrechungen für ein vertrauliches Gespräch mit den Mandant/innen gewährt werden würden; heute wurden alle Unterbrechungen dahingehend abgelehnt.

Die drei Angeklagten werden noch herzlich verabschiedet.

Zum Ende waren noch Plätze im Publikumsraum frei, kommt weiterhin zu den Prozessen!

Nächster Prozesstag ist am 03.04.2020